Studie zur „Kultur im Saarland“: Pop/Rock ganz vorne – „PopRat Saarland“ sieht Paradigmenwechsel und fordert strategische Pop-Arbeit und eine Kultur-Leitbild-Debatte für das Saarland

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Der „PopRat Saarland“ sieht in der gestern veröffentlichten Studie einer Forschungsgruppe der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saar (htw saar) zur „Kultur im Saarland“ einen Paradigmenwechsel in der Bewertung und vor allem in der Wahrnehmung und Wirkung kultureller Genres.

„Die Studie zeigt: Die Popkultur gehört ganz vorne auf die Agenda der Meinungsführer in Politik, Wirtschaft und Kultur als Kulturträger Nummer Eins, aber auch als Vehikel des Strukturwandels und der Umkehr der katastrophalen demografischen Prognose für das Saarland ins Positive, als Motor der Kreativwirtschaft, Tourismusfaktor und Imageförderer. Der PopRat fordert: Die Popkultur gehört in den Mittelpunkt einer neu zu erarbeitenden strategischen Kulturarbeit des Saarlandes“, sagte Peter Meyer, zusammen mit Professor Dr. Meinrad Maria Grewenig Leiter des „PopRates Saarland“.

Meinrad Maria Grewenig ergänzte: „In diesem Zusammenhang bedarf es zu allererst der Erarbeitung eines Kulturleitbildes für das Saarland; in diesem Leitbild muss die Popkultur prioritär verortet sein und als Leuchtturm fungieren. Das Saarland braucht ein eigenständiges Kulturleitbild als Ausdruck seines Selbstverständnisses und als Leitorientierung für seine Bürgerinnen und Bürger. Im Zentrum des Kulturbildes steht die Kultur, die alle Saarländerrinnen und Saarländer bewegt und für Menschen außerhalb des Saarlandes Anziehungsmagnet ist.“

Die Studie zeige eindeutig, so die beiden Leiter des „PopRates“ weiter, dass die Kultur der Menschen im Saarland im Wesentlichen von der Popkultur bestimmt werde, die mit ihrer Musik, ihrer darstellenden und ihrer bildenden Kunst viele Menschen berühre, und die klassischen Kulturgenres wie Literatur, Film, Fotografie, Mode, Design, darstellende Kunst, Urban Art/Street Art, Medienkunst, Graphic Novel/Comics, Fantasy/Live-Rollenspiel, Post-Internet Art und viele andere immer schon automatisch als Ausdrucksplattformen mit eingeschlossen habe oder gar deren Ursprung ist. Wichtigste, spannendste und passendste Bühne und Plattform dieser Popkultur der Saarländer seien die Stätten der Industriekultur (der Kohle, des Eisens und Stahls), die im Saarland, in der Großregion, ja europaweit einzigartig seien.

Beste und teils mit internationalen Preisen versehene Beispiele dieses synergetischen, crossurbanen Zusammenwirkens sind das Electro Magnetic Festival, die Urban Art Biennale, das UrbanArt HipHop Festival, die „FARC“, das EPIC EMPIRES oder die Ausstellung „Generation Pop – hear me! feel me! love me!“.

Die Popkultur des Saarlandes hat, bei hohem Qualitätsanspruch, niedrige Zugangsschwellen, damit Menschen mit Partnern, Familien und Freunden gemeinsam Schönes, Aufregendes und Neues erleben können. Die Popkultur im Saarland steht im Zentrum der Gesellschaft und richtet sich in gleichem Maße an jüngere und ältere Menschen, sie ist integrierende Basis einer multikulturellen Gesellschaft. Die Popkultur des Saarlandes führt lustvoll durch das gemeinsame Erleben zu Bildung und Erkenntnis.

Die wichtigsten faktischen Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus der Studie:
• Bei der Frage nach dem Interesse für Musikarten steht „Rock/Pop“ mit Abstand an der Spitze mit weit über 70 Prozent; lediglich sieben Prozent melden „gar kein Interesse“; zum Vergleich: „Klassik“ erreicht im Interesse etwa 28 Prozent (Seite 25) – die „Richtung des Kulturangebots“ nimmt Einfluss auf die Stärke des Kulturinteresses und auf das Nutzen von Social Networks als Informationsmedium (Seite 93). Dieses ist für „Rock-/Pop“-Konzerte signifikant größer als für andere Kultur-Events.
• Mit der Popkultur lässt sich den identifizierten Risiken für das Saarland (Strukturwandel, Demographische Prognose, Ausbau des kulturellen Lebens in den Nachbarregionen, Imageproblem, geringer Bekanntheitsgrad, mangelnde grenzüberschreitende Zusammenarbeit, keine Marke, Ansprache junger Zielgruppen, Ansprache aller Zielgruppen, Kooperationen, periphere Lage, Abwanderung) am leichtesten und effektivsten begegnen (Seite 147).
• „Rock/Pop“ steht bei „Interesse für Kulturangebote“ an zweiter Stelle hinter „Kino“ (Seite 15).
• Alle (!!!) Altersgruppen bekunden das weitaus größte Interesse an „Rock/-Pop-Konzerten“, in der Altersgruppe der 41- bis 50-jährigen sind es über 80 Prozent; zum Vergleich: auch hier erreicht der Zweitplatzierte „Klassik“ überall höchstens die Hälfte der Prozentzahl (Seite 25); rechnet man den gesondert aufgeführten Musikstil „Rap/HipHop“ (solitär immerhin auf Platz 4) als immanenten Teil der Popkultur mit ein und zählt auch noch Teile der Kategorien „Neue Musik/Avantgarde“ und „Folklore“ (als „Folk“) hinzu, darf man von einer Abdeckung von nahezu 100 Prozent ausgehen.
• „Rock-/Pop“-Interessierte sind bereit, lange Wege zu gehen, um ein Event zu besuchen (Seite 78/84). Popkultur ist großregional und international, Popkultur-Fans wären also auch bereit, einen eventuell langen Weg ins Saarland auf sich zu nehmen, wenn das Angebot stimmte.
• „Rock-/Pop“-Interessierte nutzen weit intensiver und häufiger Neue und Soziale Medien (Befragung von 2011!!!) (Seite 92/93). Bedeutet: Sie zu erreichen ist wesentlich weniger kostenintensiv.
• „Rock-/Pop“-Fans treffen sehr viel öfter Freunde (Seite 90), was eine deutlich kostengünstigere PR für Popkultur-Ereignisse zur Folge haben könnte. Dies erhält durch die höchste Nennung von „Freunden/Bekannten“ als Informationsquelle für Kulturangebote eine besonders wichtige Bedeutung (Seite 71).
• Der Besuch von „Rock-/Pop“-Veranstaltungen ist von einer eigenen künstlerischen Tätigkeit am wenigsten abhängig (Seite 42), will heißen: diese Kultur interessiert und erreicht die Menschen ohne die Bedingung der Vorprägung und Eigen-Kompetenz.Aufbau eines Standortes für „Rock-/Pop“-Konzerte wird empfohlen (Seite 184).Nutzung der imposanten Industriekultur-Orte für Veranstaltungen/Konzerte/Events wird empfohlen (Seite 184) (Befragung von 2011/Studie von 2013- Pop kam selbst auf die Idee und hat entsprechend gehandelt! Siehe Urban Art Biennale; Electro Magnetic, UrbanArt HipHop Festival, Römerkastell, Silo, FARK etc).
• Dachmarkenaufbau zur Vermarktung wird empfohlen (Seite 185). Der „PopRat Saarland“ kümmert sich um die Konzeption des „House of Pop“ (Standort/Institution) zum Aufbau des „Poplandes Saarland“ (Marke).
• Vernetzung der Kulturanbieter wird empfohlen (Seite 184). Der „PopRat Saarland“ ist eine vorbildliche Vernetzungsplattform (pop)kultureller Akteure.
• Ausbau der großregionalen Kooperationen wird empfohlen (Seite 184). Der „PopRat Saarland“ steht in direkter Verbindung zu Partnern in Frankreich und Luxemburg.
• Kulturangebote mit Party-Atmosphäre für junge Leute werden empfohlen (Seite 185). Das bietet die Popkultur wie keine andere Kultur.

Entsprechend lauten die Forderungen des „PopRates Saarland“:
• Popkultur muss institutionell, infrastrukturell, finanziell und strategisch gefördert werden.
• Popkultur gehört stärker in den Fokus von Wirtschaft und Sponsoren, insbesondere, wenn es um die Erreichbarkeit der Zielgruppen von zehn bis 70 Jahren geht.
• Popkultur braucht eine Institution („House of Pop“) als Anlauf- und Moderations- sowie Geldverteilungs- und Vermarktungsstelle.
• Popkultur-Akteure im Saarland müssen noch besser vernetzt werden.
• Popkultur braucht die Dachmarke „Popland Saarland“.
• Diese Popkultur-Dachmarke (mit den dann unter ihrem Dach sich einfindenden Aktivitäten) muss kreiert, aufgeladen, promoted und geführt werden.
• Popkultur-Fans sind bereit, auch von weit her ins Saarland zu kommen. Hierfür müssen noch mehr Angebote nach Art der großen Festivals (Rocco del Schlacko, Halberg Open Air, Electro Magnetic, UrbanArt HipHop Festival, FARK, Epic Empires, Lucky Lake, Adam & Eva, Volcano oder AntAttack etc), großen Ausstellungen (Urban Art Biennale, Generation Pop etc) und der urbanen Clubs (Römerkastell, Silo etc) geschaffen werden.
• Popkultur ist großregional und international – und kann und muss deshalb auch stärker von europäischen Fördertöpfen profitieren – hier müssen die zuständigen Ministerien zusammen mit der Szene Projekte entwickeln und Zuwegungen/Kontakte schaffen.
• Popkultur ist ein integraler Bestandteil der Jugendkultur. Gerade Kinder, Jugendlichen und Heranwachsende benötigen einen zentralen Anlaufpunkt um mehr Informationen, Hilfestellungen (Workshops, Musikzentrum, etc.) über die Berufe aus der Kreativwirtschaft zu bekommen. Popkultur sollte in der Bildung (Schulen/Uni/Musikschulen) fest verankert werden.

Der „PopRat Saarland“ sieht in der Popkultur eine wesentliche Säule für die Zukunftsgestaltung des Saarlandes.

Die Popkultur gibt dem Saarland Zukunft und Innovationskraft und beseitigt Schwächen, denn Popkultur ist:
• Dach vieler Kulturgenres (Musik, Tanz, Film, Fotografie, Urban Art/Street Art, Design, Mode, Literatur, Darstellende Kunst, Video- und Medienkunst, Graphic Novel/Comics, Fantasy/Live-Rollenspiel, Post-Internet Art…) und sorgt für crosskulturelle Effekte und für ein spannendes Genrecrossover
• Standortfaktor für die Sichtbar- und Wahrnehmbarkeit des Landes, weil sie für Aufmerksamkeit sorgt, kreativ ist, emotional ist, sehr medienaffin ist, immer mit Leichtigkeit daher kommt, international arbeitet, innovativ ist und immer jung ist.
• Wirtschaftsfaktor, weil sie in Agenturen, bei Künstler/Bands/DJs, in Verlagen, Studios, Medien, Labels, Hochschulen, kulturellen und soziokulturellen Zentren, Museen, Galerien, bei Konzertveranstaltern und Produzenten sowie Kneipen, Clubs und Off-Locations Arbeitsplätze und Geldfluss schafft und die Wirtschaft und ihre Produkte (auch mit Hilfe des Tourismus) insbesondere der jungen Zielgruppe bekannt machen kann.
• Imagetransfer-Faktor, weil sie den roten Teppich auslegt, Stars fabriziert, präsentiert, für Glanz & Glamour sorgt, Sex Appeal hat, immer am Puls der Zeit arbeitet, sehr hipp ist und immer auch Zukunftsentwürfe produziert.
• Motor der Kreativwirtschaft, der enorme Wachstumszahlen prognostiziert werden.

Die Studie „Kultur im Saarland – Eine empirische Studie zum Kulturinteresse und zur Kulturnutzung im Saarland“ wurde erstellt von Professor Dr. Nicole Schwarz, Professor Dr. Enrico Lieblang und Dr. Stefanie Cramer von Clausbruch, einer Forschungsgruppe der htw saar. Sie ist mit der Unterstützung der Union Stiftung im saarländischen Conte Verlag (ISBN: 978-3-95602-071-1) erschienen.

Der „PopRat Saarland“ ist ein Zusammenschluss von Pop-Kultur-Akteuren, die aus dem Saarland und für das Saarland Pop-Kultur-Arbeit auf nationalem und internationalem Niveau leisten. Er wurde im Januar 2014 auf Initiative von Peter Meyer und Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig im Rahmen der „Generation Pop“ im Weltkulterbe Völklinger Hütte gegründet. Der „PopRat“ arbeitet zurzeit an einem strategischen Konzept zur Pop-Kultur im Saarland mit dem institutionellen Zentrum „House of Pop“ und dem Brand/der Dachmarke „Popland Saarland“.

Das Konzept wird noch in 2015 zunächst den politischen Entscheidern und dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Alle PopRat Saarland e.V.-Pressemitteilungen gibt es auch als PDF.

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